Liquid Biopsy-Bluttests können zur Diagnose von Gehirntumoren dienen
Die Ergebnisse einer vielversprechenden Studie mit Personen, die an Gehirntumoren leiden, weist darauf hin, dass ein spezifischer Bluttest eine genauere Diagnose ermöglichen könnte, ohne dass ein invasiver Eingriff vorgenommen werden muss.
Der Bluttest, der auf zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) basiert, erlaubt die präzise Klassifizierung verschiedener Arten von Gehirntumoren und könnte zukünftig eine bessere Behandlungsplanung für Patienten ermöglichen.
Um einen Gehirntumor zurzeit zuverlässig zu diagnostizieren, muss eine Gewebeprobe mittels eines invasiven Eingriffs entnommen werden. Zudem ist es schwierig, einen Gehirntumor zu klassifizieren und seinen Grad zu ermitteln. Und genau diese Informationen sind wichtig, damit Ärzte und Patienten die Behandlung effektiv planen können. Der Grund dafür ist, dass Gehirntumore mit einem niedrigen Grad unter dem Mikroskop aggressiveren Tumoren sehr ähneln, sodass die Ermittlung des Grads eines Gehirntumors sehr schwierig ist.
Eine bessere und zuverlässigere Möglichkeit, Gehirntumore zu diagnostizieren und zu klassifizieren, ohne dass eine Gewebeprobe oder ein chirurgischer Eingriff erforderlich sind, könnte „die Behandlung von Patienten revolutionieren“, so Dr. Gelareh Zadeh des Princess Margaret Cancer Centre im kanadischen Toronto. „Dies hätte enorme Auswirkungen auf die Behandlung dieser Krebserkrankungen sowie auf die Planung der Behandlungen“, ergänzt sie.
Dr. Zadeh und ihre Kollegen, darunter auch Dr. Daniel Carvalho, hatten zuvor bereits einen Bluttest entwickelt, die so genannte Liquid Biopsy. Diese untersucht Hunderttausende von Veränderungen an fragmentierten DNA-Molekülen, die im Blut zirkulieren (ctDNA). Mithilfe der Ergebnisse dieser Analyse haben sie einen Test entwickelt, um mehrere Arten von soliden Tumoren zu erkennen und zu klassifizieren.
Danach hat das Team Tumorproben von Patienten, die an einem Gehirntumor litten, mit den Ergebnissen der ctDNA-Analyse in Blutproben von 221 Patienten verglichen.
Mit diesem Ansatz konnte die ctDNA der Tumor-DNA zugeordnet werden. Daraufhin hat das Team ein Computerprogramm entwickelt, um Arten von Gehirntumoren ausschließlich mithilfe der ctDNA zu klassifizieren.
Laut Dr. Zadeh galt die Blut-Hirn-Schranke bislang als unüberwindbar und man ging davon aus, dass Gehirntumore nicht mithilfe eines Bluttests erkannt werden konnten. „Doch da dieser Test äußerst sensitiv ist und selbst kleinste Mengen spezifischer, auf einen Tumor zurückzuführende Signale im Blut erkennt, sind wir jetzt in der Lage, gängige Gehirntumore auf nicht-invasive Weise zu erkennen und zwischen ihnen zu unterscheiden – dies galt lange Zeit als unmöglich“, erklärt Zadeh.
Diese Forschungsarbeit wurde bei der Jahresversammlung der American Association for Cancer Research 2020 vorgestellt und in der Fachzeitschrift Nature Medicine[1] veröffentlicht. In derselben Fachzeitschrift haben Dr. Carvalho und seine Kollegen des Dana-Farber Cancer Institute der Harvard University eine Abhandlung veröffentlicht, in der es darum geht, dass mithilfe desselben Bluttests Nierenkrebs auf zuverlässige Weise anhand der ctDNA identifiziert werden kann, die aus Blutplasma oder Urinproben gewonnen wird[2].
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[1] Nassiri, F., Chakravarthy, A., Feng, S. et al. Detection and discrimination of intracranial tumors using plasma cell-free DNA methylomes. (Erkennung und Unterscheidung intrakranieller Tumore mithilfe von Plasma zellfreier DNA-Methylome.) Nat Med 26, 1044–1047 (2020). doi.org/10.1038/s41591-020-0932-2
[2] Nuzzo, P.V., Berchuck, J.E., Korthauer, K. et al. Detection of renal cell carcinoma using plasma and urine cell-free DNA methylomes. (Erkennung von Nierenzellkarzinomen mithilfe von Plasma und Urin zell-freien DNA-Methylomen.) Nat Med 26, 1041-1043 (2020). doi.org/10.1038/s41591-020-0933-1