Liquid Biopsies geben Aufschluss über Medikamentenresistenz bei Krebs
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Krebspatienten zunächst erfolgreich mit einem Medikament behandelt werden, das ihren Tumor effektiv verkleinert. Doch wenn sich die Krebszellen im Tumor weiterentwickeln und auch der Tumor wieder wächst, werden sie plötzlich gegen das Medikament resistent. Schätzungen zufolge ist die Medikamentenresistenz und die daraus resultierende ineffektive Behandlung für bis zu 90 % der Todesfälle durch Krebs in den USA verantwortlich[1].
Daher suchen Forscher nach neuen Methoden, mit denen schnell erkannt werden kann, ob ein Tumor eine Medikamentenresistenz entwickelt, damit Onkologen reagieren und die Behandlung von Krebspatienten optimieren können.
Um einen Tumor zu testen und seine genetischen Informationen zu analysieren, wird standardmäßig ein sehr kleiner Bereich des Tumors entfernt, der Zellproben enthält. Dies wird als Gewebeentnahme (Biopsie) bezeichnet. Doch bei einer Biopsie handelt es sich um ein invasives Verfahren, bei dem nur Zellproben eines bestimmten Bereichs des Tumors entnommen werden, obwohl wir wissen, dass sich Zellen, die sich in verschiedenen Bereichen des Tumors befinden, genetisch voneinander unterscheiden können.
Um eine bessere Methode zu finden, hat sich ein Team unter der Leitung des Broad Institute of MIT and Harvard University und des Massachusetts General Hospital in den USA mit dem Thema Liquid Biopsy beschäftigt. Bei dieser Methode geht es um einen Bluttest, bei dem nach DNA-Fragmenten gesucht wird, die von Tumoren abgestoßen werden (zirkulierende Tumor-DNA oder ctDNA). Das Team wollte untersuchen, ob mithilfe von Liquid Biopsies Tumore identifiziert werden können, die resistent gegenüber Krebsmedikamenten sind.
Dabei wurden 42 Personen untersucht, die aufgrund verschiedener Arten von Magen-Darm-Krebs behandelt wurden. Bei Patienten, die Anzeichen einer Medikamentenresistenz aufwiesen, wurden die Tumore sowohl anhand der Liquid Biopsy als auch anhand einer Gewebeentnahme untersucht. Dann wurden die Gensequenzen der Tumore analysiert sowie der Mutationen, die zu einer Medikamentenresistenz geführt haben.
Im direkten Vergleich der Ergebnisse der Liquid Biopsy mit der Gewebeentnahme stellte sich heraus, dass in knapp 80 % der Fälle durch die Liquid Biopsy klinisch relevante genetische Veränderungen erkannt wurden, die mit der Medikamentenresistenz zusammenhängen, und die anhand standardmäßiger Gewebeentnahmen nicht identifiziert werden konnten. Diese Ergebnisse hinterfragen unser Wissen darüber, wie eine Medikamentenresistenz bei Krebsbehandlungen normalerweise vonstatten geht und wirken sich stark auf die Krebsbehandlung aus. Die Studie weist auch darauf hin, dass die Medikamentenresistenz möglicherweise auf zugrundeliegende molekulare Mechanismen zurückzuführen ist, was ein neuer Ansatzpunkt für innovative und personalisierte Therapien sein könnte.
„Erstaunlicherweise haben wir herausgefunden, dass fast jeder von uns analysierte Patient nicht nur einen, sondern gleichzeitig mehrere Mechanismen zur Medikamentenresistenz entwickelt hat, und es ist möglich, dass dieses Phänomen viel häufiger auftritt als bisher angenommen“, erläutert Gad Getz des Broad Institute und Co-Senior-Autor der Studie. „Wir haben es mit einem wirklichen Paradigmenwechsel zu tun, sodass wir nicht nur die biologischen Abläufe der Medikamentenresistenz in der Krebsbehandlung neu überdenken müssen, sondern auch unseren zukünftigen Therapieansatz.“
Doch Getz betont auch, dass weitere, breiter angelegte Studien erforderlich sind, um wirklich nachvollziehen zu können, wie Tumore resistent gegenüber Medikamenten werden. „Um einen vollständigen Überblick über die verschiedenen Mechanismen zur Entwicklung der Medikamentenresistenz bei der Krebsbehandlungzu erhalten, sind umfangreichere Studien erforderlich, die verschiedene Medikamente und Krebsarten beinhalten“, erklärt Getz.
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Referenz: Parikh, A.R., Leshchiner, I., Elagina, L. et al. Liquid versus tissue biopsy for detecting acquired resistance and tumor heterogeneity in gastrointestinal cancers. (Liquid Biopsy im Vergleich zur Gewebeentnahme zur Erkennung erworbener Resistenz und Tumorheterogenität bei Magen-Darm-Krebs.) Nat Med 25, 1415–1421 (2019). doi.org/10.1038/s41591-019-0561-9
[1] Wang X, Zhang H, Chen X. Drug resistance and combating drug resistance in cancer. (Medikamentenresistenz und der Kampf gegen Medikamentenresistenz bei Krebs.) Cancer Drug Resist 2019;2:141-160. dx.doi.org/10.20517/cdr.2019.10